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Allgemeines
Kaum ein anderes Kleinsäugetier hat über Jahrzehnte eine so grosse Bedeutung für den Menschen erlangt wie das Meerschweinchen. In unserer technisierten Zeit stellen die südamerikanischen Nagetiere offenbar ein wichtiges Bindeglied zwischen Natur und Technik dar. Allerdings hat es sehr lange gedauert, bis die wahren Bedürfnisse der Meerschweinchen allgemein bekannt wurden und ein Umdenken erfolgte. Die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst sind:
- Meerschweinchen sind Sippentiere, sie dürfen nicht alleine gehalten werden.
- Meerschweinchen sind Fluchttiere, sie sollten immer die Möglichkeit haben,sich der menschlichen Zuwendung zu entziehen.
- Meerschweinchen brauchen viel Platz und ein vielfältig eingerichtetes Gehege.
Die Anschaffung von Meerschweinchen muss gut und gründlich überlegt sein. Man hüte sich davor, die Tiere in der ersten Begeisterung oder auf Druck quengelnder Kinder zu erwerben! Meerschweinchen sind gutmütig und haben ein weiches Fell. Kein Wunder, dass sie leider allzuoft als lebendiges Spielzeug für Kinder betrachtet werden. Meerschweinchen stellen recht hohe Ansprüche an ihre Haltung. Diese beinhalten genügend Raum, reichlich strukturierte Gehege, Unterschlupfe, Nagematerial, geeignetes Futter usw. Auch wollen sie nicht ständig herumgetragen werden. Sie können in solchen Situationen in grosse Angst und Stress versetzt werden.
Sozialverhalten
In der Freiheit leben Meerschweinchen in Kolonien. Es sind sehr interessante, kontakt- und bewegungsfreudige Tiere, wenn ihnen der nötige Platz und viel Abwechslung geboten wird. Falls genügend Platz vorhanden ist, kann man z.B. ein kastriertes Männchen und mehrere Weibchen halten. In einer grösseren Gruppe fühlen sich Meerschweinchen wohl. Sie brauchen den Kontakt zu Artgenossen unbedingt. Ein Kaninchen ist kein Partnerersatz, denn Meerschweinchen sprechen nicht dieselbe Sprache wie Kaninchen. Meerschweinchen sind Gruppentiere! Sie leben in Sippen und sind sehr gesellig. Man soll sich deshalb nie ein Einzeltier anschaffen! Meerschweinchen sind zu sehr auf Artgenossen und einen grossen Lebensraum angewiesen, als dass der Menschenpartner dafür ein Ersatz sein könnte. Ideal ist eine Gruppe von Meerschweinchen, denen man im Freien ein attraktives Gehege mit viel Abwechslung, genügend trockenen Schlafstellen und Verstecken bietet. In der freien Natur lassen sich innerhalb von Meerschweinchenrevieren immer wieder Trampelpfade ausmachen. Das sind oft benutzte Wege, auf denen die Sippe in einer ganz bestimmten Formation, meist im Gänsemarsch, voranschreitet. Die Jungtiere werden schützend in der Mitte gehalten, während erfahrene Tiere Spitze und Ende des kleinen Zuges bilden. Dieses "Kontaktlaufen" und die dabei abgegebenen Gerüche und Laute der Einzeltiere vermitteln allen Rudelmitgliedern das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Solange die Gruppe frisst, sitzt eines der Tiere abseits und hält Wache. Sobald es ein Geräusch hört, quiekt es, worauf sich die anderen in Sicherheit bringen. Innerhalb der Sippe gibt es eine Rangordnung, sodass die Tiere ohne ständige Streitereien zusammen leben können.
Verhaltensstörungen
Wenn Meerschweinchen am Gitter des Käfigs nagen, obwohl genügend andere Nagemöglichkeiten angeboten werden, möchte es meist ins Freie gelangen. Ängstliche Tiere geraten in Panik, wenn man sie aus dem Gehege nehmen will. Immer ruhig sprechen, nicht überraschend vor oder gar über dem Tier (wie ein Feind) auftauchen. Kotkügelchen-, Tapeten- und Teppichfressen sind keine Verhaltensstörungen, es sind normale Bedürfnisse, welche allenfalls am falschen Objekt abreagiert werden.
Mensch-Tier-Verständigung
Meerschweinchen werden nicht gerne herumgetragen. Man sollte dies unbedingt respektieren. Das heisst aber nicht, dass die Tiere keinen Kontakt zum Menschen suchen. Manche werden sehr gerne gestreichelt oder fressen Löwenzahn aus der Hand, aber sie sollten immer die Möglichkeit zum Rückzug haben. Ihre Körpersprache hilft uns, sie zu verstehen. Zum Beispiel bei Angst, Neugierde, Abwehr. Auch die Lautäusserungen sagen dem Menschen etwas: Quieken bedeutet Futterbetteln (klingt wie das Pfeifen eines Wasserkessels). Zähneklappern ist ein Drohen: "Lasst mich in Ruhe!" Tiere "reden" mit ihren Artgenossen durch Körperhaltung, Schwanzstellung, Mimik, Lautäusserungen und vielem mehr. Ist der Mensch Kumpan und Artgenossenersatz, dann muss er versuchen, das grosse Defizit ein bisschen wettzumachen. Dies tut er am besten, indem er ruhig mit seinen Schützlingen spricht. Auch Meerschweinchen können lernen, was Worte oder Tonlagen bedeuten.
Unerwünschtes Verhalten
Lässt man Meerschweinchen nur ab und zu in einen Auslauf, so nagen sie natürlich an allem, was benagbar ist: Teppiche, Möbel oder gar Kabel! Solches Verhalten ist aus der menschlichen Sicht natürlich unerwünscht, ist aber nur eine Folge ungeeigneter Haltungsbedingungen. Meerschweinchen wollen sich nicht nur auf Kommando frei bewegen und das Nagen gehört zu ihren Grundbedürfnissen. Es ist an uns Menschen, welche Tiere halten, zu verhindern, dass es zu solchen Interessenskonflikten kommt. Die Meerschweinchen sollten immer einen grösseren Lebensraum mit vielen Unterschlüpfen zur Verfügung haben, wo sie sich geborgen fühlen und wo sie ihre natürlichen Verhaltensweisen möglichst ausleben können. Dann kommt es in den seltensten Fällen zu unerwünschtem Verhalten.
Launenbarometer
Können Meerschweinchen "böse" werden? Ja, sie können beissen, wenn man sie erschreckt oder falsch behandelt. In der Regel sind es friedliebende Tiere. Männchen können jedoch zu Feinden werden, wenn sie um ein Weibchen kämpfen. Dabei kann es zu richtigen Beissereien mit Verletzungen kommen. Die Weibchen wehren zudringliche Männchen ab, indem sie mit weit aufgerissenem Mäulchen die grossen Nagezähne zeigen. Die Körpersprache der Meerschweinchen verrät die Stimmung recht zuverlässig. Auch die Stellung der Ohren zeigt, ob sich ein Tier in Sicherheit fühlt, ob es ängstlich oder gar angriffslustig ist. Macht das Meerschweinchen Luftsprünge, so hat es nicht etwa Flöhe, sondern es befindet sich in Spiellaune!
Tierpsychologie
Meerschweinchen sind sehr gesellige Tiere. Sie sind auf ein soziales Leben in der Sippe eingerichtet und können nur im Umgang mit Artgenossen das ganze Spektrum ihres Verhaltens zeigen. Da sie gegenüber Feinden praktisch wehrlos sind, haben sie gelernt, blitzartig zu fliehen und sich in kritischen Situationen zu verstecken. Daneben sind sie sehr neugierig, brauchen einen grossen Lebensraum und viel Beschäftigung. Wer dies erkennt, versteht schon einen guten Teil der Meerschweinchen-Psyche.
(Quelle Zürcher Tierschutz)